Auf der Fahrt nach Indien ist ein meisterhaft komponierter Roman über kulturelle Begegnungen, Missverständnisse und die Grenzen menschlicher Verständigung im kolonialen Kontext. Vor dem Hintergrund der anglo-indischen Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts verfolgt der Roman das Aufeinandertreffen von Briten und Indern in der Provinzstadt Chandrapore. Forster entfaltet ein fein verwobenes Panorama politischer Spannungen, sozialer Abgrenzung und persönlicher Sehnsüchte, das die tiefen Verwerfungen der kolonialen Ordnung unmissverständlich sichtbar macht.
Im Zentrum steht die Begegnung zwischen Dr. Aziz, einem jungen muslimischen Arzt, und Cyril Fielding, dem liberal gesinnten Rektor des örtlichen Colleges. Ihre zunächst hoffnungsvolle Freundschaft wird durch kulturelle Vorurteile, innere Unsicherheiten und äußere politische Kräfte immer wieder auf die Probe gestellt. Die berühmte Episode um die Marabar-Höhlen bildet den dramatischen Höhepunkt des Romans und dient als literarischer Kristallisationspunkt für Angst, Projektion und gegenseitigen Vertrauensverlust.
Forster untersucht mit seltener psychologischer Genauigkeit, wie Machtstrukturen persönliche Beziehungen deformieren und wie schwierig echte Verständigung selbst zwischen gutwilligen Menschen sein kann. Gleichzeitig durchzieht der Roman eine spirituelle, beinahe metaphysische Frage nach Ordnung und Chaos, nach Zugehörigkeit und Einsamkeit. Mit Auf der Fahrt nach Indien entwirft Forster ein universelles literarisches Statement über das menschliche Bedürfnis nach Verbindung - und darüber, warum diese Verbindung so oft scheitert.
